Nach 1300 Kilometer sind wir in Albanien. Unser erster Stopp ist an einem Fluss: River Camp Bahcallek. Ganz urig im Schatten der Bäume stehen wir, umgeben von freilaufenden Hühnern, schnatternden Enten und Gänsen. Der Fluss hat eine starke Strömung, aber für eine Erfrischung bei 37 Grad im Nebenarm ist gesorgt.

Das Camp betreibt eine Familie. Sie bieten ein Abendmenü an. Köstlich. Wir bleiben zwei Nächte, ein Tag Pause tut gut.

Weiter geht es Richtung Küste. Es liegt Brandgeruch in der Luft. Brandrodung. Felder, Straßenränder werden kontrolliert abgebrannt. An vielen Stellen richtig schlimm.

Die Albaner lieben ihre Autos. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass spätestens nach 5 km die nächste Tankstelle kommt, meist beidseitig. Dazu Lavazah - eine Handwaschanlage. Eine Wasserverschwendung, wenn man bedenkt, wie trocken das Land ist.

Deutschlands wohl beliebteste Kübelpflanze, der Oleander, säumt als Hecke die Straßen. Aber auch jede Menge Müll, besonders Plastik.

Das ausgeschriebene Camp ist verwaist. Wir werden vom Restaurantbesitzer gegenüber abgefangen bzw. aufgefordert bei ihm zu stehen. Gelinde ausgedrückt ist sein Gelände unordentlich und zerfallen, wie das Camp gegenüber. Trotzdem entscheiden wir uns zu bleiben, so kann uns niemand auf die Nerven gehen. Wir werden köstlich bekocht, viel zu viel und mit den politischen Problemen des Landes konfrontiert. Verständigung mit Google-Übersetzer und mit Händen und Füßen. Wir bleiben die einzigen Gäste.

Optimistisch schnappen wir unsere Badetücher und gehen zum Strand. 37 Grad, keine Wolke. Laut Google Maps ist das Meer gleich hinter der Straße. Doch daraus werden knapp 2 km bis wir endlich über einen langen Steg und endlos breiten Strand ans Wasser kommen. Leider werden wir enttäuscht: Der Strand ein Müllplatz. Schade.

Eigentlich wollten wir weiter entlang der Küste nach Griechenland fahren. Wir entscheiden uns für die Bergregion und fahren an den Ohridsee, den sich Albanien und Nordmazedonien teilen. Er ist der älteste See Europas, einer der ältesten Seen der Erde und der zweitgrößte der Balkanregion. Kein Massentourismus. Auf dem See keine Motorboote, hin und wieder ein Fischerboot, keine Jetski, nur zwei Stand Up Paddler - Jens und Liane. Ein Träumchen. Das Wasser ist glasklar, vom SUP aus sieht man den Grund (tiefste Stelle 288 m - die haben wir aber nicht entdeckt ;-)). Es kostet mich etwas Überwindung vom SUP zu springen, um im See zu schwimmen.

Wir bleiben zwei Nächte. Auf der anderen Seite liegt Nordmazedonien. Warum nicht einen Abstecher machen und das Städtchen Ohrid besuchen? Ohrid gehört seit 1980 zum UNESCO Welterbe und besitzt eine hübsche historische Altstadt. Viele Touristen sind unterwegs, besonders einheimische. Die mazedonische Seite des Sees ist viel touristischer und kommerzieller. Sogar Ausflugsboote starten von hier - die man von albanischer Seite zum Glück nicht sieht.

Nach zwei Stunden Spaziergang durch die Gässchen fahren wir auch schon weiter. Die nordmazedonische Landschaft wirkt nicht so vertrocknet und ist schön grün. Die Orte ein Mix aus modernen Häusern, zerfallenen Gebäuden und Bauruinen. Die Fahrt durch Nordmazedonien dauert etwa 1,5 Stunden, die Grenzabfertigung verlief schnell und wir sind in Griechenland.

Wir fahren am Tag nicht mehr als drei, maximal vier Stunden. Dabei legen wir meist nur 150 Kilometer zurück. Oft können wir nicht schneller als 50 km/h fahren. Aber das stört uns nicht.

Wildcampen ist auch in Griechenland nicht erlaubt. Viele Wohnmobile sind nicht unterwegs. Auf dem ersten Campingplatz werden wir mit dem Campingverhalten der Griechen bekannt gemacht. Der Platz ist voller Dauercamper. Riesige Anlagen, längst nicht so spießig und ordentlich wie in Deutschland (leider nicht fotografiert). Wir bekommen einen ungemütlichen Platz – man kann ja nicht immer Glück haben – neben dem Pumpenhäuschen. Na gute Nacht. Ich will 22:00 Uhr duschen, doch das Wasser ist schon abgestellt, obwohl ein Schild darauf hinweist, dass es von 23:00 - 9:00 Uhr kein Wasser gibt.

Wir bleiben nur für eine Nacht. In Griechenland müssen wir, weil unser Auto zu hoch ist,

5,50 € Mautgebühr bezahlen. Also nehmen wir schlechte Straßen über Land in Kauf. Interessanter ist es sowieso.

Wir fahren nach Thessaloniki, die Heimat Alexanders des Großen. Bei der Hitze ein kurzes Sightseeing. Überreste aus der frühchristlichen und byzantinischen Zeit findet man eingerahmt von modernen Wohnkomplexen und Gebäuden. Einige besichtigen wir. Ein Besuch im archäologischen Museum heben wir uns für Kavala auf.


Bevor wir einen Campingplatz aufsuchen, probieren wir etwas abseits der Straße ein Plätzchen zu finden, wo wir vielleicht doch frei stehen können. Der einzige Platz im Schatten mit Meerblick ist von einem Einheimischen mit Wohnwagen belegt. Wir drehen um – und schon ist es passiert. Nach 2000 Kilometer stecken wir das erste Mal fest. Aber so etwas von fest! Der Grieche kommt mit Klappspaten und Holz zu Hilfe. Unser Luftkissen-Wagenheber zerplatzt. Nach einer Stunde hoffnungsloser Versuche, probieren wir eine Werkstatt zu erreichen – erfolglos. Ich komme auf die Idee, den nächstgelegenen Campingplatz anzurufen. Die Inhaberin organisiert ein Fahrzeug. Nach einer weiteren Stunde kommt die Rettung, ein Radlader. Ruckzuck ist unser Camper befreit.

Völlig verstaubt und durchgeschwitzt fahren wir nun zum Campingplatz – und was ist das für ein schöner naturbelassener Platz. Ein riesiges Areal, großzügige Stellplätze im Schatten großer uralter Bäume. Und so wenige Leute, diese kommen überwiegend aus Bulgarien. Als Entschädigung für unser Dilemma müssen wir keinen Strom bezahlen. Eigentlich benötigen wir ja keinen Strom, doch das Kaffeewasser kocht mit dem Wasserkocher schneller. Im Schatten lädt die Solaranlage nicht optimal und der Kühlschrank läuft auf Hochtouren. Die Ägäis ist wunderbar warm. Wir bleiben drei Nächte. Die Zikaden zirpen, auf dem Boden raschelt es überall – es sind nur Eidechsen (es gibt auch Schlangen in Griechenland) – wir fühlen uns wie im Dschungel.

Wir nähern uns der türkischen Grenze. Wir machen Stopp im Städtchen Kavala, welches viele archäologische Funde beherbergt und besuchen das archäologische Museum. Unsere letzte Übernachtung in Griechenland ist auf dem Gelände eines Restaurants.

Persönliches Fazit Liane: Seit Albanien ist mir bewusst, dass wir mehr Zeit haben als Urlaub. Ich bin entspannt. Griechenland mit seiner vielseitigen Landschaft ist wunderschön. Griechisches Essen ist in Deutschland anders. Ich vermisse die Gigandes auf der Speisekarte.

Und: Es ist wie im Märchen bei Rotkäppchen – nicht vom Weg abkommen, auch wenn etwas abseits der bessere Strand ist ;-)


Persönliches Fazit Jens: Haben Menschen im Süden Europas mehr Zeit? Oder nehmen sie sich mehr Zeit für das Wichtigste – das Leben? Entspannt sein geht nur, wenn das Umfeld entspannt ist. So sind Albanien und Griechenland an unserem Wohlbefinden schuld.


Am schmackhaftesten haben wir bisher in Albanien gespeist.